Son Selva im November 2024
Sturmwarnung
Text, Bilder und Video: Scarlet Allenspach
Wie ihr bestimmt alle wisst, hat es in Spanien letzten Monat ziemlich stark geregnet. Die Bilder der Zerstörung in Valencia gehen unter die Haut, die Wassermengen sind unbeschreiblich. Hier auf Mallorca haben sich die Schäden in Grenzen gehalten, dennoch habe ich in den vergangenen Jahren auch schon ein paar eindrückliche Stürme und gewaltige Platzregen miterlebt.
Da die Erde im Sommer komplett austrocknet, hat sie bei einem Platzregen kaum Zeit, das ganze Wasser aufzunehmen, und es fliesst wie auf einer Rutschbahn ab. Als Landbesitzerin übernehme ich auf meiner Parzelle die Verantwortung dafür, dies möglichst zu verhindern. Die Methoden der regenerativen Landwirtschaft und der Permakultur helfen mir dabei.
Wasser ist kostbar und ich möchte möglichst jeden Tropfen nutzen, der vom Himmel fällt. Gleichzeitig arbeite ich konstant daran, eine gesunde Humusschicht aufzubauen und möchte nicht, dass sie bei jedem Starkregen wieder abgeschwemmt wird. Gleichzeitig möchte ich meine Zugangsstrasse schützen, welche direkt in einem Torrent liegt und zuletzt 1987 komplett von einem Unwetter mitgerissen wurde.
Dafür habe ich folgende Massnahmen ergriffen:
1. Boden bedeckt lassen
Traditionell grasen die Schafe auf Mallorca jedes Blättchen rund um die Bäume ab, damit alles schön sauber aussieht und die Früchte einfach abgelesen werden können. Ich mache genau das Gegenteil. Der Boden soll möglichst immer bedeckt sein, damit er nicht so schnell austrocknet. Bei Regen kann das Wasser so besser einsickern und die Erde wird nicht abgeschwemmt. Im Winter säe ich Gründüngung in meinen Baumreihen an. Im Sommer wird mit Holzschnitzeln und Schafwolle gemulcht. Und alles, was gejätet wird, bleibt an Ort und Stelle liegen, um den Boden zu beschatten.
2. Minimale Bodenbearbeitung
Für viele mag mein Grundstück etwas chaotisch und verwildert aussehen. Dass zwischen den Kulturen viel «Unkraut» wächst, hat aber seinen Sinn: Denn die Wurzeln jeder Pflanze halten die Erde zusammen und verringern die Gefahr einer Erosion. Der Boden wird bei uns also nur dort befreit, wo gleich anschliessend etwas Neues gepflanzt werden soll. Die vielen Wildpflanzen helfen zudem dabei, Bestäuber anzulocken. Wenn sie ausgedient haben, werden sie zu Mulch.
3. Kompost und organisches Material aufbauen
Unser Mutterboden hier ist sehr lehmig, was zusätzlich zum Problem des Abschwemmens beiträgt. Wir haben daher tonnenweise Kompost verteilt, um die Erde saugfähiger zu machen. Der organische Anteil darin ist wie ein Schwamm und kann Feuchtigkeit besser speichern. Zusätzlich enthält die Komposterde natürlich auch viele Nährstoffe, die unseren jungen Bäumen zugutekommen.
4. Swales oder Steinreihen
In der Permakultur sieht man oft sogenannte «Berms and Swales», also Mulden, die das Regenwasser auffangen und langsam einsickern lassen. Auch auf meinem Grundstück hätte ich gerne Swales gegraben, doch der Boden ist dafür viel zu felsig. Daher habe ich mich für eine Alternative entschieden und waagerecht zu jeder Baumreihe eine Steinreihe aufgebaut. Diese hält zwar das Wasser nicht wirklich auf, verlangsamt aber den Fluss und sorgt dafür, dass das mühsam aufgebaute organische Material oberhalb der Steinreihe bleibt. Jetzt, wo es so viel geregnet hat, kann ich zum ersten Mal sehen, dass die Steine tatsächlich ihren Dienst tun: Der Sauerklee (unser natürlicher Bodendecker) wächst rund um die Steine besonders hoch.
Das ist erst mein dritter Winter auf Son Selva und ich bin glücklich, bereits positive Auswirkungen meines Handelns zu erkennen. Da ich mich auch weiterhin um den Aufbau gesunder Erde kümmern werde, wird die Gefahr von Erosion und Überschwemmung Jahr für Jahr abnehmen. Ich wünschte mir, dass mehr LandwirtInnen auf regenerative Praktiken umsteigen würden, damit wir zukünftig besser auf solch grosse Unwetter vorbereitet sind.