Nicht einfach, aber machbar
Guido Kunz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen an der ZHAW in Wädenswil. Er leitet Kulturversuche, in denen torfhaltige mit torffreien Erden verglichen werden – auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit.
Guido Kunz, was zeigen Ihre Versuche?
Torfhaltige Substrate schneiden in unseren Kulturversuchen wie erwartet gut ab, auch bei reduziertem Torfanteil. Bei den torffreien Kulturen wurden Rindenkompost, Holzfasern und Kokosfasern als Ersatzstoffe eingesetzt. Hier ist die Wachstumsdynamik anders: Nach einem verhaltenen Start holten die Pflanzen der torffreien Substrate den Rückstand gegenüber dem torfhaltigen Substrat wieder auf. In allen Varianten gab es verkaufsfähige Pflanzen.
Es geht also ohne Torf?
Ja, es ist machbar. Allerdings ist es eine Herausforderung für produzierende Gärtner. Die Substrate der Kulturen müssen hinsichtlich Düngung, Wasserführung und Luft-Wasser-Haushalt angepasst werden. Alles beeinflusst die Nährstofffreisetzung und die Qualität der Pflanzen.
Torf kann somit nicht 1:1 durch ein anderes Material ersetzt werden?
Nein, es ist relativ komplex. Es gibt zwar ähnliche Materialien, aber sie ersetzen Torf nicht vollständig. Am Ende läuft es auf die Kombination verschiedener Ersatzstoffe hinaus. Das macht die Kulturführung in Bezug auf pH-Wert, Salzgehalt und Nährstofffixierung schwieriger. Auch die Infrastruktur ist betroffen, denn die Umstellung erfordert andere Systeme und Abläufe.
Wie gehen Konsumentinnen vor, wenn sie torffrei produzierte Pflanzen kaufen möchten?
Momentan ist es schwierig herauszufinden, was torffrei oder torfreduziert produziert worden ist, da dies noch nicht deklariert werden muss. Das wird sich aber ändern. Erstrebenswert wäre ein entsprechendes Label.
Das Interview führte Katharina Nüesch.
TORFAUSSTIEGSKONZEPT UND ABSICHTSERKLÄRUNGEN
In der Schweiz sind die Moore seit 1987 geschützt, der Torfabbau ist verboten. Nach Schätzungen einer Studie im Auftrag des BAFU werden jährlich mehr als 500 000 m3 Torf importiert. Um auch im Ausland Umweltschäden zu vermindern, hat der Bundesrat 2012 ein Torfausstiegskonzept verabschiedet, das in einer ersten Phase den freiwilligen Verzicht vorsieht. Vertreterinnen und Vertreter von Detailhandel und Erdenproduzenten haben sich in einer Absichtserklärung verpflichtet, den Torfanteil in Sackerden bis Ende 2020 freiwillig auf maximal 5 % zu beschränken (Stand 2016: 16 %; 2018: 8 %). Im produzierenden Gartenbau und Gartenhandel soll der Torfanteil bis 2025 freiwillig auf maximal 50 %, bis 2030 auf maximal 5 % reduziert werden. Laut BAFU sollen für den Fall, dass freiwillige Massnahmen und Vereinbarungen unzureichende Wirkung erzielen, in einer zweiten Phase handelspolitische Massnahmen wie zum Beispiel ein Importverbot oder -restriktionen von Torf geprüft werden.
Infos und Anmeldung Torf-Newsletter:
→ www.bafu.admin.ch/torfausstieg
→ www.bafu.admin.ch/newsletter-torf
Gartenbauschule Hünibach BE:
In der Märzausgabe 2021 ist im Wissensteil ein ausführlicher Artikel zum Thema «Torf – schwierige Suche nach Ersatz» erschienen.
Fazit: Alles ist ökologischer als Torf. Besonders gut schneiden Substratkomponenten wie TEFA (Ersatzprodukt aus Maisstroh), Holzfasern und Rindenkompost ab.
Wie Torf aus den Sackerden entfernt wurde? Auf der Website des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) findest Du dazu aktuelle Informationen.