Wildgehölze

Mit Feingefühl und Sinn für Ästhetik

Text: Carmen Hocker, Fotos: Selina Locher

«Lasst uns wild sein – Natur sein», schreibt Selina Locher im Selbstporträt auf ihrer Website.

Rückblickend führt sie ihre Verbundenheit mit der Natur auf eine Kindheit zurück, in der Wald und Wiese ihr Spielplatz war. Obwohl sie als Erwachsene die kulturelle Vielfalt und die Menschen der Stadt Basel schätzt, findet sie in der Natur noch immer Erdung und Ruhe. Diese Erkenntnis bewog die freiberufliche Grafikerin schliesslich dazu, am Ausbildungszentrum «Inforama» in Bern eine Weiterbildung zur Kultivierung und Verwendung von Wild- und Heilpflanzen zu absolvieren.

Um andere Menschen mit ihrer Leidenschaft und Faszination für die wilde Natur anzustecken und gemeinsam für mehr Vielfalt zu sorgen, bietet sie mit «Atelier Subtil» Workshops an. Denn: «Erlebbares Wissen bleibt. Der Mensch begreift, wenn er aktiv mit seinen Händen eine Tätigkeit ausführt und der Kopf sie nachvollziehen und verstehen kann», zitiert Selina den Hirnforscher Gerald Hüther.

Wildpflanzen im Jahreskreis …

… ist der Titel einer Workshop-Reihe von Selina Locher. Nachfolgend porträtiert sie eine Auswahl an Wildobst, das man im Herbst in der freien Natur sammeln – oder zur Bereicherung einer Wildsträucherhecke auch in den eigenen Garten pflanzen kann.

Sanddorn

Hippophae rhamnoides

Die Zitrone des Nordens – der Sanddorn – ist eine der vitaminreichsten heimischen Wildfrüchte. Sein Vitamin-C-Gehalt (150–400 mg/100 g Frischgewicht) ist drei- bis achtmal höher als der einer Zitrone. Weiter enthält Sanddorn viel Provitamin A und zahlreiche Mineralstoffe und Spurenelemente (z. B. Eisen, Mangan, Bor und Silizium) – ein echter heimischer Superfood. Um möglichst viele der wertvollen Vitamine zu erhalten, empfiehlt sich frisch gepresster Saft, da dieser nicht erhitzt wurde.

Sanddorn wächst bevorzugt an sonnigen Standorten mit lockeren Böden, fühlt sich aber auch in fetten Lehmböden wohl. Da er in Symbiose mit Strahlenpilzen lebt, die ihn mit Stickstoff versorgen, ist es ihm möglich, an besonders nährstoffarmen Orten wie Sanddünen zu wachsen. Das Ölweidengewächs ist zweihäusig, für einen guten Fruchtertrag braucht es eine männliche und mindestens eine weibliche Pflanze. Erntereif sind die Früchte je nach Standort und Sorte ab August bis Oktober. Zum Ernten schneidet man am besten ganze fruchtbehangene Triebe ab und friert sie ein, danach lassen sich die Früchte leicht von den Ästen schütteln, ohne dass man sich an den spitzen Dornen verletzt. Dieser regelmässige Rückschnitt macht Sinn, denn Sanddorn trägt nur am vorjährigen Holz Früchte.

Achtung: Der Sanddorn bildet gerne Wurzelausläufer und jeder Schnitt regt ihn zu Vermehrung an. Wurzelsperren können helfen.

 

Rezept

Heimische «Oliven» – gesalzene Schlehen

Zutaten

Für ein Glas, ca. 250 ml

  • 2/3 Glas Schlehen (reif, aber noch hart) oder Kornelkirschen (halbreif)

  • 200 ml Wasser

  • 40 g Salz, unjodiert oder Meersalz

Zubereitung

Schlehen gründlich waschen und ins Glas füllen. Wasser und Salz aufkochen, abkühlen lassen und dann über die Schlehen giessen. Das Glas verschliessen und 6–8 Wochen an einem dunklen, kühlen Ort ziehen lassen. Zwischendurch immer wieder mal schütteln. In der Salzlake und kühl gelagert sind die Schlehen nach dem Öffnen mehrere Monate haltbar.

Die Schlehen vor dem Servieren kurz mit Wasser abspülen und nach Belieben mit etwas Olivenöl, Knoblauch und Kräutern marinieren.


Mach es besonders

Weissdorn

Crataegus

Anders als der Schwarzdorn beginnt der Weissdorn erst nach seiner Blattentfaltung zu blühen. So kannst Du die beiden nicht verwechseln. Ausserdem ist sein Holz heller und gräulicher.

Weissdorn wird in der Naturheilkunde schon lange angewendet bei Herz- und Kreislaufproblemen. Seine Wirkung ist mittlerweile auch wissenschaftlich anerkannt. Blüten und Blätter als Tee fördern die Durchblutung und Sauerstoffzufuhr, die Herzkontraktion wird gesteigert, der Herzrhythmus stabilisiert und die Herzkraft verbessert. Ausserdem kann er den Blutdruck regulieren und beruhigende Eigenschaften auf das gesamte Nervensystem haben. (Herzkranke Menschen sollten Weissdorn nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen.) Die Vitamin-C-haltigen Früchte reifen im September, sie schmecken mehlig und eher fad, eignen sich aber gut als Beigabe zu anderem Obst, um Marmelade anzudicken, da sie viel Pektin enthalten.

In kaltem Wasser ausgezogen, verleihen frische Weissdornblüten dem Getränk ein blumiges, mandelartiges Aroma.


Kornelkirsche

Cornus mas

Den Namen Tierlibaum trägt sie nicht ohne Grund. Nach dem Winter blüht die Kornelkirsche als eine der ersten und bietet reichlich Nektar für Hummeln und andere Wildbienen. Mit ihren gelben, kugeligen Blüten ist sie gut erkennbar im sonst noch kahlen Geäst an Waldrändern, in Hecken und Gärten. Im Herbst färben sich die ovalen Früchte dunkelrot, gut gereift schmecken sie süss-säuerlich. Sie können frisch verzehrt oder zu Marmelade, Sirup und Kompott verarbeiten werden. Lass aber immer genügend Früchte am Strauch hängen, denn sie sind für Vögel und Kleintiere eine wichtige Nahrungsquelle.

Reich an Vitamin C und Gerbstoffen, stärkt die Kornelkirsche unsere Abwehrkräfte und kann bei Durchfall und Magen-Darmproblemen helfen. Cornus mas gehört zu den Hartriegelgewächsen, ein Name, der auf das sehr harte und schwer spaltbare Holz zurückzuführen ist. Daraus wurden früher Speerschäfte und der Legende nach sogar das Trojanische Pferd gefertigt.

 
 
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Die Dosis macht den Duft