Vom Hopfen verdrängt

Gundelrebe – Glechoma hederacea

Die Gundelrebe (Glechoma hederacea) ist eine häufig vorkommende Heilpflanze, die ausschliesslich volksmedizinisch verwendet wird, dies allerdings immer seltener. Denn obwohl ihr Einsatzgebiet breit gefächert ist, sticht ihre Wirkung bei keiner Indikation heraus. Die Gundelrebe wird zum Beispiel zur Wundheilung eingesetzt, bei Durchfallerkrankungen, entzündetem Zahnfleisch, Lungenleiden, Fieber, Ohren-, Blasen- und Nierenentzündungen sowie Menstruationsbeschwerden. Die wahre Wirkung der Gundelrebe liegt versteckt, denn sie ist eine Pflanze, bei welcher die Summe mehr ist als ihre Einzelteile: Kurz gesagt, die Gundelrebe wirkt in erster Linie als allgemeines Tonikum zur Stärkung der Gesundheit. So wurde und wird sie traditionell der Neunkräutersuppe beigefügt und soll mit den restlichen acht Kräutern Schutz und Gesundheit im kommenden Jahr bieten.

 

Kräuterelixier und Bierzusatz

Aufgrund der Kombination dieser tonisierenden Wirkung und des intensiven Aromas wird die Gundelrebe auch (Kloster-)Kräuterlikören zugesetzt, welche ihren Ursprung ebenfalls im Medizinischen haben. Und nicht zuletzt verwendete man das Kraut als Zugabe für Bier – besser gesagt für Ale. Vor allem auf den Britischen Inseln wurde es bis ins 18. Jahrhundert eingesetzt. Mit der Zeit wurde es durch Hopfen ersetzt, wobei dies sehr widerwillig geschah. Noch anfangs des 16. Jahrhunderts wurde dem Hopfen nachgesagt, dass er ein böses Kraut sei, welches das Getränk verderbe und für den Menschen gefährlich sei.

Gundelrebe im Bier aromatisiert, schützt vor dem Trübwerden, verlängert die Haltbarkeit und hilft, daraus ein fermentiertes Lebenselixier zu kreieren. So steht es auch im medizinischen Hand-buch «The Angel of Bethesda» des Amerikaners Cotton Mather (1724) geschrieben: «Da sich unsere Vorfahren aus diesem Kräutlein ihr Lieblingsgetränk brauten, galten die Engländer einst als die langlebigsten Menschen der Erde.» Ein Kräutlein, welches allemal wert ist, wieder mehr verwendet zu werden.

Die Gundelrebe ist eine am Boden kriechende Pflanze, welche an nährstoffreichen, feuchten Orten gedeiht – oft als Bodendecker unter Gehölz, aber auch im sonnigen Naturrasen. Viele Insekten erfreuen sich im Frühling an den blau-violetten Lippenblüten. Wenn die Winter nicht zu kalt sind, überdauern die Blättchen und färben sich zum Kälteschutz leicht rötlich. Auch auf dem Balkon verschönern sie als Beikraut den Blumentopf – vor allem wenn die Triebe verspielt vom Topfrand herunterhängen.

 

Rezept für Neunkräutersuppe

Traditionell wird am Gründonnerstag eine Neunkräutersuppe gegessen – diese soll für das kommende Jahr vor Krankheit und Übel schützen; fein und vitaminreich ist sie allemal.

Dazu empfehle ich eine Suppengrundlage aus Kartoffeln, Bouillon und Rahm.

Nachdem die Suppe von der Hitzequelle entfernt worden ist, werden kleingeschnittene Kräuter beigegeben, welche von den neun ersten gefundenen essbaren Pflanzen des Jahres stammen.

Dies kann zum Beispiel sein: Gundelrebe (Glechoma hederacea), Giersch (Aegopodium podagraria), Wegerich (Plantago lanceolata oder P. major), Kletten-Labkraut (Galium aparine), Brennnessel (Urtica dioica), Gänseblümchen (Bellis perennis), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Schafgarbe (Achillea millefolium) und Bärlauch (Allium ursinum).

Falls nicht genügend verschiedene Kräuter gefunden wurden oder bei der Bestimmung Unsicherheiten auftauchen, kann alternativ auch mit gekauften Küchenkräutern ergänzt werden.

 

Frühlingsbier mit Gundelrebe

Die vier grossen Jahreskreisfeste – die Frühlings- und Herbst-Tagundnachtgleichen und die Sommer- und Winter-Sonnenwenden – sind vier wundervolle Ankerpunkte im Jahreszyklus. Giovina Nicolai braut mit ihren Kursteilnehmer*innen spezielle Kräuterbiere, um darauf anzustossen.

 
 

Wenn Du noch mehr über die Gundelrebe erfahren möchtest, bestelle bis zum 24. April 2022 auf der Pflanzenlabor-Website ein «Pflanzenpäckli»-Abo. Normalerweise ist es ein Geheimnis, welche Pflanze es zu entdecken gibt. Giovina hat uns aber verraten, dass die März-Pflanze die Gundelrebe ist …

 

«Pflanzen in ihrem natürlichen Umfeld und mit allen Sinnen kennen zu lernen»…

…ist ein Anliegen von Giovina Nicolai, Drogistin und Galenikerin. Auf ihrer Website Pflanzenlabor in Oberburg (BE) gibt es dazu verschiedene Angebote wie Workshops und monatliche Pflanzenpäckli.

*) Galenik ist die Lehre von der Zusammensetzung und Zubereitung bzw. Herstellung von Arzneimitteln.

 
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