Biodiversität und Schrebergärten

Wie artenreich sind sie?

Zunehmend verblasst das Bild vom altbackenen, bodenverseuchten Familiengarten. Die Klima- und Biodiversitätskrise sowie die Sensibilisierung für naturnahes Gärtnern zeigt Wirkung bei Gemeinwesen, Verbänden, Vereinen bis hin zu den Pachtenden. Verschiedene Studien zeigen: Das Potential der Biodiversitätsförderung in Familiengärten ist enorm. 

Text: Jacqueline Cortesi-Künzi und Rahel Meier

 

Foto: Mauritius Images

 

Von der Theorie in die Praxis

Im Projekt «Better Gardens» haben die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL von 2015 bis 2017 analysiert, wie Gärtnernde ihre Böden bewirtschaften. Dem­­nach findet die Förderung der bio­logischen Vielfalt bei den Hobbygärtnernden hohe Zustimmung. Viele Personen identifizieren sich stark mit ihrem Garten und verspüren ökologische Verantwortung. Etwa die Hälfte der Befragten verzichtet vollständig auf Pflanzenschutzmittel. Nur eine von fünf Personen verwendet maximal einmal jährlich Pestizide. Auch kleine Gärten tragen zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Dies gelingt laut Studie am besten durch die Förderung jener Arten, die schon natürlicherweise am Gartenstandort vorkommen.

Ebenfalls zeigt eine Masterarbeit von Sarah Pellkofer aus den Jahren 2011/2012 an der Uni Zürich deutlich: Es gibt Auswirkungen lokaler und landschaftlicher Merkmale auf die Häufigkeit und Vielfalt einzelner Hautflügler in städtischen Familiengärten – sie stellen einen wichtigen Lebensraum für Bienen dar.

 

Foto: Dirk Rahnenführer

 

Zielsetzung: Naturnahes Gärtnern

Unter dem Dach des Schweizer Familiengärtner-Verbandes SFGV vereinen sich rund 20 000 Pächterinnen und Pächter. Der Verband hat die Förderung des naturnahen Gärtnerns in seinen Statuten festgeschrieben. Diese Art des Gärtnerns wird in der Broschüre «Familiengärten naturnah gepflegt» vorgestellt. Sie dient nicht nur der Instruktion von Verbandsmitgliedern, sondern kann auch von weiteren Interessierten erworben werden.  Seit Längerem hat Biodiversitätsförderung auch in städtischen Gartenordnungen Eingang gefunden.  Die Stadt Zürich wünscht sich, dass ihre Pachtenden mit heimischen Sträuchern, Wildhecken, Obstbäumen, Biotopen sowie Kleinstrukturen naturnahe Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen. Die Familiengartenordnung der Stadt Bern kennt eine Kompostierungspflicht für organische Gartenabfälle, wünscht Mischkulturen, verbietet jeglichen Einsatz von Unkrautvertilgern und lässt Düngemittel nur gemäss den Richtlinien des biologischen Anbaus zu. Für Neupachtende ist ein Kurs über naturnahes Gärtnern Pflicht.  

 

Foto: Dirk Rahnenführer

 

Humusgehalt der Böden

Sensibilisierung zwingt ebenfalls zum Überdenken des eigenen Handelns. Persönliche Erkenntnisse liefert, mit einem Augenzwinkern, der Test der Aktion «Beweisstück Unterhose»: Man vergräbt eine Unterhose aus reiner Baumwolle, markiert den Standort und gräbt die Unterhose nach acht Wochen wieder aus. Je mehr Mikroorganismen im Boden leben, desto schneller fressen sie die Unterhose. Wenig Reststoff bedeutet also einen fruchtbaren Boden.  Die Auswertung der Aktion 2021 durch Agroscope ergab, dass Privatgärten inklusive Familiengärten dank häufigerem Komposteinsatz einen durchschnittlich um 23 Prozent höheren Humusgehalt auf[1]weisen als Landwirtschaftsflächen. Gleichzeitig stellten die Forschenden auf manchen Privatgrundstücken aber auch eine sehr hohe Nährstoffkonzentration fest. Dies lässt auf eine Kompost-Überdüngung schliessen.  Das Ausschwemmen der Nährstoffe in Gewässer gefährdet die Wasserlebewesen. Hier ein möglicher Handlungsansatz: Prüfen Sie den Nährstoffgehalt Ihres Bodens, um gezielt zu düngen. Nitratmenge und pH-Wert können mit Selbsttests aus dem Fachhandel bestimmt werden. Die Kosten für eine etwas aufwendigere Laboranalyse wird für Vereinsmitglieder von der Bodenschutzstiftung übernommen und kann auch von Privatpersonen in Anspruch genommen werden. Grundsätzlich gilt: Weniger ist mehr.

 

Foto: Dirk Rahnenführer

 

Einheimische Wildpflanzen

Laut der Studie «Putting conservation gardening into practice» der Weltnaturschutzunion IUCN sind mehrere Pflanzenarten, die in deutschen Bundesländern auf den Roten Listen stehen, für die Verwendung im Gartenbau geeignet; die Forscher sehen in ihnen Potential, um dem Biodiversitätsverlust entgegenzusteuern. Die Roten Listen geben Auskunft über den Gefährdungsgrad einzelner Arten. Während die Schweiz die Kriterien und Kategorien der Weltnaturschutzunion IUCN anwendet, ermittelt Deutschland auf nationaler Ebene bzw. erfassen auf Länderebene so gut wie alle Bundesländer die Kriterien nach einer anderen Methodik. Die Roten Listen der IUCN fokussieren stärker auf das Aussterberisiko der Arten als die deutschen Roten Listen, daher sind die Ergebnisse nicht vergleichbar.  InfoFlora, Herausgeberin der Grünen Liste mit Empfehlungen für den Anbau einheimischer Wildpflanzen, vertritt für die Schweiz die Haltung, dass der Erhalt gefährdeter Arten in die Hand der kantonalen Fachstellen gehört. Der Kanton Zürich fördert das Vermehren seltener und gefährdeter Pflanzenarten im eigenen Garten, indem er Samen oder Pflanzen abgibt. Diese sind nach der Vermehrung zwingend der Fachstelle Naturschutz für Wiederansiedlungen zur Verfügung zu stellen.

 

Foto: Dirk Rahnenführer

 

Dies ist ein Auszug aus der Juli/August-Ausgabe 2024 des Pflanzenfreund-Magazins.

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