Wundersames Wurzelwerk

Rhizosphäre

Wurzeln sind viel mehr als blosse Pflanzenstützen. Um möglichst viele Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen zu können, formen sie ihr eigenes kleines Ökosystem, in dem sie mit Bakterien, Pilzen oder Fadenwürmern zusammenspannen.

Eine kleine Einführung in die wunderbare Welt der Rhizosphäre.

Ilustration: Helen Uhl, Texte: Simone Köchlin

Vorgänge, die in der Rhizosphäre, dem Wurzelbereich, ablaufen

Im Boden, versteckt vor den Augen der Gärtnerin und des Gärtners, existiert eine Wunderwelt: die Rhizosphäre. Manche Expertinnen und Experten bezeichnen diesen Raum an und um die Pflanzenwurzeln gar als eines der komplexesten Ökosysteme der Welt. Hier interagiert die Pflanze mit Heerscharen von anderen Lebewesen – Bakterien, Pilzen, Fadenwürmern, Springschwänzen oder Insektenraupen. Dreh- und Angelpunkt dieser unterirdischen Welt ist die Wurzel. Auf der Suche nach Nährstoffen und Wasser strecken Pflanzenwürzelchen ihre Spitzen aus. Myriaden von Bakterien und Pilzen scharen sich um sie und profitieren von dem, was die Pflanzenwurzel freisetzt: Zuckerstoffe, totes Material und Gleitmittel, dank denen sie besser durch das Erdwerk wächst. Man schätzt, dass es in einem Gramm Rhizosphären-Boden bis zu einer Billiarde lebende Zellen gibt – die meisten davon sind einzellige Organismen. Im Wurzelraum einer einzigen Pflanze leben Tausende bis Zehntausende Bakterienarten und Hunderte bis Tausende Pilzarten. Was genau diese winzigen Organismen dort tun, ist bis heute ungenügend erforscht.

Es gibt Mikroben, die miteinander um Nährstoffe konkurrieren und einander bekämpfen. Und es gibt solche, die Allianzen eingehen mit ihresgleichen – oder mit den Pflanzen. Geprägt und gesteuert werden die Abläufe durch die Wurzelausscheidungen der Pflanzen. Mit ihnen beeinflusst die Pflanze die Bodenmikroben: Sie lockt beispielsweise nützliche Mikroorganismen an, die ihr dabei helfen, die Nährstoffe im Boden verfügbar zu machen. Bakterien, Pilze und Pflanzen tauschen in komplexen Schicksalsgemeinschaften Nährstoffe miteinander aus. Pflanzen gestalten also das Bodenökosystem so, dass es ihren eigenen Bedürfnissen dient – und dienen gleichzeitig der Bodengesundheit: Ihre abgestorbenen Wurzeln und die ausgeschiedenen Stoffe tragen zur organischen Substanz bei, was die Bodenstruktur und die Bodenfruchtbarkeit verbessert.


Dies ist ein Auszug aus dem Artikel, der in der Ausgabe Oktober/November 2024 erschienen ist.

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Wurzelmeister im Kurzporträt

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