Die Paradeiser des Benjamin Blaser

Tomaten spielen eine zentrale Rolle in Benjamin Blasers Leben. Obwohl er unzählige Sorten ausprobiert hat, beschränkt er sich auf seinem Demeter-Hof in Salavaux VD auf den Anbau von rund zwanzig verschiedenen himmlischen Paradeisern, die er ab Hof oder auf dem Wochen- markt in Bern verkauft

Interview: Katharina Nüesch, Fotos: Jean-Pierre Ritler

 

Benjamin Blaser, warum hast Du Dich auf Tomaten spezialisiert?  
Tomaten haben mich geschmacklich nur selten befriedigt. Gleichzeitig sind sie für die Vermarktung interessant: Sie sind während des ganzen Jahres erhältlich, die Leute essen sie entsprechend oft und die meisten wissen, dass Tomaten wunderbare Aromen haben können. Ein Grund, weshalb ich für meine Früchte den österreichischen Begriff «Paradeiser» verwende. Darin widerspiegelt sich ihre ganze Köstlichkeit – sie sind nicht einfach diese roten, faden Dinger, die gemeinhin Tomaten heissen.

Obwohl Du unzählige Sorten kennst, kultivierst Du nur deren zwanzig. Weshalb?
Mein heutiges Sortiment hat sich mit der Zeit entwi-ckelt. Jede einzelne Sorte ist für mich auf den Punkt gebracht, ich brauche nicht noch weitere Variationen davon. Die meisten sind alte, privat gepflegte Köstlichkeiten, darunter beispielsweise 'Striped Roman', 'Königin der Nacht' oder 'Smaragdapfel'.  

 

Wo findest Du aussergewöhnliche Sorten?  
Das ist ein spannendes Feld! Im Lauf der Jahre habe ich rund tausend Sorten getestet. Anfangs waren es viele ProSpecieRara-Tomaten, also alte und/oder rare Sorten. Mit der Zeit habe ich immer mehr Sammler*innen und Freaks kennengelernt, mit denen ich einen wertvollen Austausch habe. Interessante Sorten findet man noch immer in Ostdeutschland, wo die Agrokonzerne lange Zeit keinen Einfluss nahmen. Kommerzielle Samenproduzenten züchten heute nicht mehr auf Geschmack, es geht ausschliesslich um Ertrag und Robustheit. 80 Prozent aller Sorten, die weltweit gehandelt werden, kommen übrigens vom Agrokonzern Monsanto.

Wie sieht es bei Deinen Paradeisern in Sachen Ertrag und Robustheit aus?
Wir kultivieren nur samenechte Sorten, denn unsere Pflanzen sollen ihre Integrität behalten. Das wirkt sich auf den Ertrag aus, pro Quadratmeter ernten wir rund zehn Kilo. Im Vergleich dazu: Moderne Sorten bringen im Bioanbau 20 bis 30 kg, in Hors-Sol- Kulturen (= ausserhalb des Bodens; Anmerkung der Redaktion) bis 50 Kilogramm pro Quadratmeter. Was die Robustheit anbelangt, so sind Krankheiten wie Braunfäule oder Blütenendfäule sortentypisch. Leider haben oft die besten Sorten diese Tendenzen, beispielsweise alle San-Marzano-Typen.

 

Züchtest Du selber Tomaten?
Meine züchterische Arbeit beschränkt sich auf die jährliche Selektion, damit werden meine Sorten standortangepasst und widerstandsfähig. Neuzüchtungen sind oft spannend, allerdings kommen die interessantesten aus privater Initiative. Diese Sorten sind oft noch instabil und müssen weiterbearbeitet werden. Das heisst, dass ich sie rund sechs Jahre anpflanze, bis ich weiss, wie sich die Sorte verhält. 

Du kultivierst ausschliesslich im Gewächshaus. Warum? Wie pflegst Du Deine Paradeiser?
Ich kann mir kein finanzielles Fiasko leisten. Regen, besonders kalter, fördert Krankheiten. Tomaten sind wüchsige Pflanzen, sie lieben Kompost und haben grundsätzlich einen geringen Wasserbedarf. Bei uns gedeihen die Paradeiser auf humusreichem Boden, vor der Pflanzung verteilen wir Dünger nach Stickstoff-Bedarf und während der Kultur erhalten sie homöopathische Düngung. Auch unser Pflanzenschutz beruht auf Homöopathie.

 

Hast Du eine Lieblingssorte?

Von den vielen Sorten, die ich getestet habe, haben mich etwa zwanzig begeistert, entsprechend liebe ich sie alle. Müsste ich mich auf eine beschränken, dann wäre das vermutlich das Original der 'Berner Rose'. Sie ist etwas zwischen Fleisch- und Salat- Tomate und vereinigt die Aspekte Aroma, Süsse und feine Haut.

 
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