Japankäfer

Popillia japonica ist unterwegs

Am 22. September hätte in den Merian-Gärten in Basel eigentlich wie jedes Jahr die Herbstgartenzeit-Messe stattfinden sollen. Doch die Veranstaltung musste abgesagt werden: wegen eines Schädlings, von dem 2023 erstmals nördlich der Alpen eine Population gesichtet wurde. An fünf weissen Haarbüscheln an jeder Seite des Hinterleibs ist der Japankäfer erkennbar. Wer einen dieser Quarantäneschädlinge entdeckt, muss den Fund melden. Ihn in Schach zu halten, ist eine Herkulesarbeit.

Text: Judith Supper

 

Der Japankäfer ist ein meldepflichtiger Quarantäneorganismus. Beobachtungen oder Verdachtsfälle müssen den zuständigen kantonalen Fachstellen für Pflanzenschutz gemeldet werden.

Bild: Mauritius Images

 

Der Japankäfer (Popillia japonica) breitet sich in der Schweiz aus. Der gebietsfremde Käfer ist eigentlich in Japan heimisch. Von dort wurde er anfangs des 20. Jahrhunderts in die USA und Kanada verschleppt. Im Sommer 2014 wurde er das erste Mal in der Nähe von Mailand in Italien festgestellt – jetzt hat er die Alpennordseite erreicht.

Der Quarantäneschädling ist dafür bekannt, immensen Schaden an Kulturpflanzen und Grünflächen anzurichten. Wählerisch, was unter seine Mandibeln kommt, ist er nicht: Rund 400 Pflanzen stehen auf seinem Speiseplan, darunter Kulturen wie Mais und Kartoffeln, Tomaten oder Weinreben, aber auch Rosen und (Obst)Bäume wie Apfel, Kirsche oder Ahorn. Auch vor Zierpflanzen macht er nicht Halt. Resultat seines immensen Appetits sind Blattgerippe, bei massenhaftem Auftreten der Käfer kompletter Kahlfrass. Seine Larven schädigen Wiesen und Rasenflächen, da sie die Graswurzeln fressen. Als Folge sterben die Pflanzen ab.

Hierzulande hat der Japankäfer keine natürlichen Feinde.

 

Die Käfer verursachen teils massive Frassschäden an Blättern, Blüten und Früchten

Bild: Mauritius Images

 

Ausbreitung und Massnahmen in Zürich

2020 wurde der erste Befallsherd im Südtessin festgestellt. Die erste Population nördlich der Alpen wurde Mitte Juli 2023 in Kloten entdeckt. Laut einer Medienmitteilung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 16. Juli 2024 wurden dieses Jahr seit Beginn der Flugzeit rund 1500 Japankäfer gefunden. Um die Ausbreitung des Japankäfers zu verhindern, hat der Kanton Zürich einen Befallsherd – dieser entspricht dem Gebiet der Stadt Kloten – und eine umliegende Pufferzone festgelegt. Während der Flugzeit des Japankäfers gilt in Kloten bis Ende September ein Bewässerungsverbot für Rasen und Grünflächen. Zudem darf kein Pflanzenmaterial aus Kloten hinaustransportiert werden. Letzteres gilt auch für die umliegende Pufferzone.

Um die Zahl der Japankäfer zu verringern und eine Ausbreitung zu verhindern, wurden mögliche Wirtspflanzen auf dem Gelände der Sportanlage Stighag und entlang der Autobahn vor dem Flughafen Mitte Juli einmalig mit dem Wirkstoff Acetamiprid behandelt, erklärt die Baudirektion (Stand: 24. Juli 2024). Dieser werde im Tessin seit mehreren Jahren gegen den Japankäfer eingesetzt und habe sich als wirksam erwiesen. Er ist auch für viele landwirtschaftliche Kulturen zur Bekämpfung verschiedener Schädlinge zugelassen.

Aktuell beschränkt sich die Behandlung auf öffentlichen Grund. Es sei nicht auszuschliessen, dass bald auch Privatgärten behandelt werden müssen, doch das stehe momentan nicht im Vordergrund: Über die Massnahmen entscheidet der Bund, der Kanton setzt sie um.

 

Die Engerlinge schädigen insbesondere Wiesen- und Rasenflächen

Bild: Mauritius Images

Starker Befall in Basel-Stadt

Nach vereinzelten Sichtungen im letzten Jahr hat sich der Japankäfer auch 2024 wieder in Basel-Stadt eingefunden. Am 20. Juli hat die Stadtgärtnerei Basel die Befallsherd-Zone mit strengen Vorgaben auf gut einen Drittel des Kantonsgebiets ausgeweitet. Somit ist in Grossbasel Ost sowie in Teilen des Kleinbasels und der Gemeinden Riehen BS sowie Birsfelden BL das Bewässern von Rasenflächen bis Ende September verboten.

Hier wie in Zürich versucht man dem Schädling durch eine Kombination verschiedener Massnahmen Herr zu werden, die an unterschiedlichen Stadien im Lebenszyklus des Japankäfers ansetzen. Dazu gehört: die Rasenflächen möglichst trocken halten, damit sie für die Eiablage und Entwicklung der Larven möglichst unattraktiv werden.

«Im Befallsherd wurden die Rasenflächen gefräst und mit Kunststoffplanen abgedeckt», erklärt Emanuel Trueb, Leiter Stadtgärtnerei Basel. «Alles Übrige können wir im Moment lediglich mit Fallen bewerkstelligen.» Trueb rät dringend davon ab, solche Pheromonfallen im Privatgarten zu nutzen. «Das solle man unbedingt den Behörden überlassen», sagt er. «Die Funde werden wissenschaftlich ausgewertet und sollen Erkenntnisse über den Verbreitungsgrad und die Verbreitungsgeschwindigkeit geben.» In Privatgärten könnten Fallen «gar eine unerwünschte, anziehende Wirkung auf Käfer entfalten». Ab August werden auf einzelnen Rasenflächen dann Nematoden (Fadenwürmer) zur Bekämpfung der Engerlinge eingesetzt.

Erst bei einem akuten Käferbefall werde man zur Bekämpfung auf Insektizide zurückgreifen. Trueb: «Präventive Massnahmen mit Insektiziden sind nicht vorgesehen».

Auch fürs Tessin hat das BLV die Zulassung für die Behandlung mit Acetamiprid erneut bestätigt. Diese Zulassung ist bis zum 31. Oktober 2024 befristet.

 

Karte der verschiedenen Befallsherde in Basel (zuletzt aktualisiert am 24. Juli 2024)

 

Acetamiprid, was ist das?

Bei Acetamiprid handelt es sich um einen Wirkstoff, der zur Stoffgruppe der Neonicotinoide gehört. 2023 beklagte die NGO Foodwatch, dass sich in Deutschland die Belastung von Obst und Gemüse mit dem Pestizid Acetamiprid in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht habe. Sehr häufig sei das Insektizid in Süsskirschen, Pomelos, Zucchini, Auberginen, Spinat und Paprika gefunden worden. Foodwatch forderte die Zulassung von Acetamiprid zurückzuziehen, bis alle Studien in die Überprüfung einbezogen und strenge gesetzliche Grenzwerte festgelegt seien. Foodwatch verweist zudem auf Studien, denen zufolge Rückstände des Mittels in Gehirnen von Kindern und Erwachsenen nachgewiesen wurden. Zwar wird Acetamiprid als bienenungefährlich eingestuft, doch Umweltschützer sind anderer Meinung: Der Wirkstoff würde die Reproduktionsrate von Bienen hemmen und ihren Orientierungssinn stören.

In der Schweiz ist die Verkaufsmenge von Produkten, die als Wirkstoff Acetamiprid enthalten, von 0.092 Tonnen im Jahr 2008 auf 2.706 Tonnen im Jahr 2022 gestiegen, mit einem deutlichen Anstieg dem Jahr 2020 – wohl als Folge, weil 2018 die Europäische Union und die Schweiz die Verwendung der drei Neonicotinoide Thiamethoxam, Clothianidin und Imidacloprid verboten hatte. (Zahlen: Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Fachbereich Produktionssicherheit und Tierernährung, September 2023)

Von Japan aus hat sich der Quarantäneschädling über die letzten Jahre verbreitet. In den Vereinigten Staaten ist er heute der am weitesten verbreitete Rasenschädling. Die Kosten für die Bekämpfung der Larven- und Erwachsenenstadien werden auf mehr als 460 Millionen Dollar pro Jahr geschätzt.

Kann man ihn überhaupt stoppen?

Im August 2023 hatte Biologe Tim Haye vom Forschungsinstitut CABI in Delsberg gegenüber dem SRF erklärt, dass es «keine Garantie» gebe, dass man den Japankäfer dezimieren könne (im Kontext des Ausbruchs in Kloten). Der diesjährige Fund in Basel würde diese Aussage in gewisser Weise bestätigen, erklärt Haye gegenüber dem Pflanzenfreund: «Je mehr die Käfer an verschiedenen Orten auftreten, umso unwahrscheinlicher wird, dass die Ausbreitung noch aufzuhalten ist». Er glaubt nicht, dass sich das Heimischwerden des Quarantäneschädlings überhaupt noch aufhalten lässt: «Man kann die Ausbreitung höchstens verlangsamen. Andere Schädlings-Beispiele zeigen, dass dieses in der Vergangenheit auch nicht möglich war. Besonders gilt dies für Arten, die einen einjährigen Zyklus haben und deren Populationszahlen rasch ansteigen können. Beim Asiatischen Laubholzbock, der einen mehrjährigen Zyklus hat, ist dieses durch gezielte Massnahmen noch eher möglich.» Haye forscht an einer japanischen Fliege, die den Japankäfer parasitiert. Allerdings besteht die Gefahr, dass würde man sie hierzulande aussetzten, sie auch einheimische Käferarten dezimiert. Da die Tests zur japanischen Fliege noch laufen, kann Hayes noch keine abschliessenden Aussage zum aktuellen Stand der Forschung machen.

 

Woran erkenne ich den Japankäfer?

Die adulten Käfer sind mit einer Länge von 8 bis 12 mm etwa so gross wie ein Fünfrappenstück und ähneln dem Junikäfer und Gartenlaubkäfer (hier entlang zur Unterscheidung). P. japonica hat aber ein auffällig grün-metallisch schimmerndes Halsschild, fünf weisse Haarbüschel an jeder Seite des Hinterleibs und zusätzlich zwei Büschel auf dem Hinterleibssegment. Seine Flügel schimmern kupferfarben. Die adulten Käfer schlüpfen zwischen Mai und Juli und sind vor allem bei warmem Wetter den Tag hindurch aktiv. Die Weibchen legen nach der Paarung 40 bis 60 Eier ab.

Was tun bei einer Sichtung?

Da der Japankäfer viele Wild- und Kulturpflanzen ernsthaft schädigen kann, ist es wichtig, jede Sichtung dem zuständigen Pflanzenschutzdienst zu melden.

  • Den Käfer vorsichtig einfangen und prüfen, ob weisse Haarbüschel an ,beiden Seiten des Hinterleibs vorhanden sind.

  • Falls möglich das Insekt fotografieren und den genauen Standort sowie den Namen der Wirtspflanze notieren, an der es beobachtet wurde. Dann den Käfer einfrieren.

  • Unverzüglich den kantonalen Pflanzenschutzdienst kontaktieren.

 
 
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