Cyanotypie

Mit Pflanzen tonen

Erst vor gut zehn Jahren entdeckte Annette Golaz die Fotografie für sich. Doch bald schon zog es sie zu ihren malerischen Wurzeln zurück. Mit Neugier, Akribie und Leidenschaft gelangen ihr schliesslich Unikate im Dreifarbendruck, dank eines selbst entwickelten pflanzen-basierten Verfahrens.

Text: Carmen Hocker, Drucke: Annette Golaz


Cyanotypie im Dreifarbendruck

Grüntee und andere Tannine

In einem Fachartikel war Annette Golaz auf die Information gestossen, warum exzessiver Grüntee-Konsum zu Eisenmangel führen kann: Da sich das Eisen mit dem Tannin verbindet, wird es ausgeschieden statt resorbiert. Dass Tee und Kaffee pflanzliche Färbemittel sind, sogenannte Toner, wusste sie bereits. Mit dem neu gewonnenen Wissen suchte sie gezielt nach anderen Pflanzen mit hohem Tanningehalt.

Sie fand heraus, dass Gerbstoffe bei Heilpflanzen eine grosse Rolle spielen und «praktisch jede Färberpflanze auch eine Heilpflanze ist.» 380 Pflanzenteile hat sie anschliessend als Toner ausprobiert, um die blauen Cyanotypien in alle möglichen Farben umzufärben. Um nachvollziehen zu können, welche Pflanze welchen Farbton ergibt, hat sie alles akribisch dokumentiert.

Sie entdeckte, dass pflanzliche Rottöne meist nicht lichtecht sind, weshalb es früher schwierig war, rote und violette Stoffe zu färben und diese den Adligen und Geistlichen vorbehalten waren. Manche Pflanzen wie zum Beispiel Eichenblätter ergeben ein wunderschönes Violett, verblassen aber innerhalb von nur zwei oder drei Wochen. Einzig die Krappwurzel – eine historische (Stoff-)Färberpflanze – erzeugt lichtechte Rottöne. Dank dieser Entdeckung konnte Annette schliesslich auf Basis der bekannten Cyanotypie den Dreifarbendruck entwickeln.

Für mich war klar, dass ich Farbe brauche. Farbe ist ein entscheidender Aspekt für die Atmosphäre meiner Bilder.

Bilder-Galerie

Die nachfolgenden Drucke von Annette Golaz wurden alle mit selbst gesammelten Pflanzen getont. Welche das sind, steht jeweils unten links im Bild.

 

Annette Golaz

«In meiner Arbeit fange ich die Poesie des Alltags und die Schönheit der Natur ein, die oft aus Kontrasten und gegensätzlichen Ebenen besteht. Ich experimentiere mit verschiedenen fotografischen Verfahren aus dem 19. Jahrhundert und mit moderneren, aber mittlerweile veralteten Kameras, zum Beispiel einer 25 Jahre alten Digitalkamera mit nur 0,3 Megapixeln.»

Zur Website

 

Das vollständige Porträt über Annette Golaz – «Eine Reise ins Blaue» – erscheint in der Dezember 2022/Januar 2023-Ausgabe vom Pflanzenfreund.

 
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