Klangvolle Kunst
Im Dialog mit einer Eiche
Texte: Carmen Hocker, Bilder: Carol Sharp
Fotografie ist mehr als ein Abbild der Wirklichkeit. Je nach Blickwinkel kann ein und dasselbe Motiv auf einem Foto ganz anders aussehen. Die britische Künstlerin Carol Sharp fotografiert, um ihre tiefe Beziehung zu Pflanzen zum Ausdruck und Menschen wieder mit ihnen in Verbindung zu bringen. Ihre Reise begann mit klassischen Pflanzenporträts. Mittlerweile arbeitet sie multimedial, indem sie zum Beispiel aufzeichnet, wie ein Baum auf den Klang eines Glockenspiels anspricht. Inspiriert wurde sie durch die Biologin Monica Gagliano, die in Experimenten nachwies, dass Pflanzen auf Klang reagieren. Das ist nicht verwunderlich, denn Schall ist eine gute Informationsquelle und verbreitet sich selbst über Entfernungen, vor allem in festen oder halbfesten Umgebungen wie dem Erdreich.
Baumliebe
Carol Sharp hat vor 26 Jahren begonnen, ihr rund 1,5 Hektaren grosses Grundstück in South Norfolk (GB) zu renaturieren. Teil davon ist auch ein Waldstück mit 350 Bäumen. Die Stiftung Woodland Trust hatte ihr dafür Laubbäume wie Eiche, Esche, Feldahorn, Hainbuche, Weissdorn und Vogelbeere bereitgestellt: «Ich betrachte dies als das Wichtigste, was ich in meinem Leben getan habe. Es ist wunderbar, sich mit den Bäumen zu entwickeln und durch Beobachten und Fotografieren mehr über die Natur zu lernen. Wir wissen jetzt viel mehr über Bäume und die Art und Weise, wie sie im ‹Wood Wide Web› kommunizieren.»
«Only When I Dream»
Auf den ersten Blick zeigt das Foto eine Collage aus Baumrinde und Wurzeln. Doch es gibt eine zweite Ebene der Wahrnehmung: Für die Ausstellung in der Londoner Coningsby Gallery hatte die Künstlerin Carol Sharp diesen Sommer die Besucher*innen ins Innere eines Baumes geführt. Mit der kostenlosen App «Artivive» konnte man sich ein Video anschauen, welches ihr Experiment visualisierte.