Kommentare zum Ergebnis vom 13. Juni 2021

Erwin Meier-Honegger ist Co-Geschäftsleiter der Firma Ernst Meier AG, Gärtner und setzt sich leidenschaftlich für seinen Berufsstand ein. Er ist international in zahlreichen Gremien aktiv und pflegt einen kritischen Blick auf seine Branche. In seinen Artikeln und Kommentaren nimmt er kein Blatt vor den Mund.

 

Kalte Dusche

«Ein solch klares Abstimmungsresultat mit der mehr als eindeutigen Ablehnung der Pestizidinitative hätte ich niemals erwartet. Es ist ein erstaunlich klares Votum gegen «Revolution» und eine kalte Dusche für zahlreiche Umweltschutzgruppierungen. Umso kritischer werden sie die landwirtschaftlichen und gärtnerischen Interessengruppen beim Wort nehmen und deren Versprechen für «Evolution» in Bezug auf umweltgerechte Kultur begleiten. Letztere könnten ob des klaren Verdikts ja versucht sein, bei ihren Bestrebungen zum Wandel mindestens einen Gang zurück zu fahren. Umso mehr braucht es zukünftig ein breiter abgestütztes Miteinander, welches neben dem wichtigen Diskurs auch Empathie kultiviert. Vielleicht als wichtigster Bestandteil für den freiwilligen Wandel im kompetitiven Marktumfeld.»

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«Trotz der Ablehnung der Pestizid- und Trinkwasserinitiative ist für die Kleinbauern-Vereinigung klar: Der Handlungsbedarf in der Pestizidproblematik wurde erkannt und das gemeinsame Ziel einer ökologischen Landwirtschaft war im Abstimmungskampf breiter Konsens. Uneinig war man sich einzig über den Weg zu diesem Ziel und den Zeitrahmen. Wir nehmen nun die Initiativgegner*innen beim Wort und erwarten, dass sie zu weiteren Schritten, den Pestizideinsatz stark zu reduzieren, Hand bieten. Neben politischen Massnahmen braucht es dabei auch ein Umdenken in der landwirtschaftlichen Ausbildung und Beratung.»

 
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«Uniterre erwartet, dass in Zukunft Umweltthemen mit sozialen Aspekten verknüpft werden. Da ist auf der einen Seite der Bundesrat, der mit korrupten Ländern wie zum Beispiel Indonesien Freihandelsverträge abschliesst, in denen ökologische oder soziale Standards mit Füssen getreten werden. Auf der anderen Seite steht die Schweizer Bevölkerung mit dem Wunsch für eine «saubere Schweiz». Diese beiden Seiten gehören zur selben Medaille. Die bäuerliche Landwirtschaft braucht hier wie dort faire Rahmenbedingungen und weniger weltweite Konkurrenz.»

 
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«Wir sind froh, dass eine Mehrheit der Bevölkerung das Kind nicht mit dem Bade ausschütten wollte. Die Stimmbürgerinnen und -bürger gingen zu Recht davon aus, dass mit der neuen Pestizid-Gesetzgebung weitere Optimierungen garantiert sind. Die Landwirtschaft ist gewillt, diesen Prozess voranzutreiben. Ziel soll sein, auch von Seiten des Marktes und der Nachfrage einen entsprechenden Sog zu erzeugen, denn jeder Lebensmittelkauf ist eine Bestellung an die Landwirtschaft. Je schneller die Nachfrageanpassung gelingt, desto rascher entwickelt sich die einheimische Landwirtschaft in diese Richtung.»

 
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Beurteile den Tag nicht an der Ernte, die Du einfährst, sondern an den Samen, die Du säst.
— Robert Louis Stevenson (1850-1894)

Im Februar 2021 schrieb unsere Autorin Carmen Hocker in der Einleitung zu ihrem Artikel: «Im Sommer 2021 stimmen wir über zwei Initiativen ab, die sich für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide einsetzen. Der entfachte Diskurs erinnert an die Gründung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) vor über vierzig Jahren. Als Wissenschaftler damals die konventionelle Düngungslehre hinterfragten, mussten sie sich so manche Polemik gefallen lassen. Im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen, Konsumgewohnheiten und der Notwendigkeit, die Bodenfruchtbarkeit und -gesundheit langfristig zu sichern, gibt es auch heute keine simplen Antworten – aber Hoffnungsschimmer.»

 

Hoffnung? Die Philosophin Natalie Knapp ist überzeugt, dass viele Menschen ohne Hoffnung nicht die Kraft hätten, einen einzigen Schritt weiter zu gehen.

In einem Interview mit der Schweizer Journalistin Esther Banz sagte sie über die Hoffnung:

«Tatsächlich ist das aber der Begriff, über den ich am meisten diskutieren muss. Sehr viele Menschen finden, Hoffnung bedeute, herumzusitzen und auf bessere Zeiten zu warten. Philosophisch bedeutet Hoffnung die Fähigkeit, eine Utopie zu entwickeln, um gestalten zu können. Vaclav Havel sagte: ⟨Hoffnung ist nicht der Glaube daran, dass die Sache gut ausgeht, sondern das Wissen, dass das, was wir jetzt tun, Sinn hat – egal wie es ausgeht.⟩ Und auch Immanuel Kant erklärte: ⟨In schwierigen Situationen gibt es eine Pflicht zur Zuversicht.⟩ Diese Pflicht zur Zuversicht hat damit zu tun, dass der Mensch ein Bewusstsein hat, das in der Zeit aufgespannt ist.»

Das gesamte Interview erschien in der Ausgabe 2/2021 von Werde – The Art of Green Living.

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Annäherung an eine vermeintliche Diva

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Randbemerkungen