Grünraum-Wettbewerb 2023
Grünes Ensemble fürs Theater
Dass das Zürcher Schauspielhaus einen Garten bewirtschaftet, ahnt man von aussen nicht. Kein Wunder: Der «Pflanzblätz» liegt versteckt im Atrium des Schiffbaus, mitten im urbanen Zürich West – und dient Mitarbeitenden als grüner Pausenraum und Naschgarten.
Text und Fotos: Katharina Nüesch
Am besten, man wird von jemandem hingeführt, sonst ist der Innenhof kaum auffindbar. Soll er auch nicht. Umso grösser die Überraschung, wenn nach langem Marsch durch graue, neonbeleuchtete Korridore sich das lichte Atrium auftut. Licht und Pflanzen, viele Pflanzen! In fast hundert SBB-Kisten, Töpfen, Fässern und Kübeln entfaltet sich ein kunterbuntes Ensemble: Es duftet nach Kräutern, die Himbeeren leuchten sattrot, Äpfel und Birnen reifen heran. Auch Salate, Gurken, Tomaten, Chili wachsen in den Kisten und der Hopfen rankt meterhoch Richtung Himmel. Das meiste, was in den Kisten gedeiht, ist essbar oder insektenfreundlich. «Wir haben etliche einheimische Gehölze verwendet und viele Blütenpflanzen», erklärt Christof Stocker, Gärtner bei VEG and the City, dem auf Urban Gardening spezialisierten Unternehmen, das für Planung, Umsetzung und Unterhalt beigezogen wurde.
Die Idee eines Gartenprojekts entstand vor drei Jahren, mitten in der Pandemie. Bis zu diesem Zeitpunkt dümpelte der Innenhof leer und unbenutzt vor sich hin. Fürs Projekt hatte sich unter den Mitarbeitenden des Schauspielhauses eine Gartengruppe formiert, die mitplante und bei der Umsetzung anpackte. Von Anfang an war klar, dass der Garten biologisch zu bewirtschaften ist, der Fokus auf Nutz- und Naschpflanzen liegen und die Ernte unter den dreihundert Mitarbeitenden verteilt werden sollte – Überschüsse würde die Kantine verarbeiten. Auch als lauschige Kulisse fürs Sommerkino und andere Events sollte der Innenhof dienen. Ursprünglich wollte man sogar Hühner und Schildkröten im Atrium. So weit ist es dann aber nicht gekommen.
Gesunde Pausensnacks
Drei Jahre sind vergangen. Mittlerweile haben sich immerhin kleine tierische Lebewesen im Innenhof eingefunden: die unzähligen Bewohner des Wurmkomposts. Neben dem Thermokompost wandeln sie pflanzliche Überreste in Humus um, der die Pflanzen in den Kisten nährt. Die Eigenproduktion schaffte es – mit Ausnahme von ein paar Kräutern – noch nicht auf die Kantinen-Teller. Dass das grüne Schiffbau-Atrium zum beliebten Erholungsraum und Snack-Areal geworden ist, wird aber sofort klar: Zwischen Reben, Apfel und Birnbäumen, Tomaten und Kapuzinerkresse öffnen sich verschiedene Räume mit zusammengewürfeltem Mobiliar und Sonnenschirmen. Trotz der nicht ganz einfachen Verhältnisse – intensive Sonneneinstrahlung und wechselnde Lichtverhältnisse – gedeihen die Pflanzen prächtig.
Die Mitarbeitenden des Schauspielhauses kümmern sich weitgehend selbst um den Garten, wässern und ernten oder schneiden etwas zurück. Im Frühling und Herbst sind dennoch die Fachleute von VEG and the City gefragt. Dann machen sie zusammen mit freiwilligen Helferinnen und Helfern des Schauspielhauses die Kisten wieder flott, säen Gründüngungen oder bringen Schafwolldünger aus, prüfen die Pflanzen auf Krankheiten und Schädlinge, ersetzen allenfalls das eine oder andere Gewächs oder einen Topf und pflanzen die nächste Snack-Generation an.