Gärtnern (fast) ohne Garten
Ein Lichtblick im Schatten
Der Schattengarten von Kala Staub wirkt wie ein Zimmer ohne Dach. Er liegt eingeklemmt zwischen den Verstrebungen der Berner Münsterplattform und dem gedeckten Aufgang, der vom Mattequartier hinauf in die Stadt führt. Die Mauern stemmen sich derart weit in die Höhe, dass kaum je Sonnenstrahlen den Garten erreichen. Seit elf Jahren wacht Künstlerin Kala Staub über diesen Schlund. Sie hat die knapp 50 Quadratmeter mit Fuchsien, Hostas, Astilben, Farnen und Hortensien bepflanzt und dieses Fleckchen Erde zur Schaubühne ihrer Kunstwerke gemacht.
Einst war das Geviert ein Un-Ort: Passanten entsorgten in der Brache beim Vorbeigehen ihren Abfall, und die Bewohnerinnen und Bewohner der angrenzenden Patrizierhäuser nutzten die Ecke, um die Steine ihres Umschwungs zu entsorgen. «Da ich keinen eigenen Garten besass, kam ich auf die Idee, das Geviert zu pachten», sagt die 73-Jährige. Die Berner Stadtgärtnerei willigte ein, die Reise konnte starten.
Das Budget, mit dem sich die Kunstschaffende an die Umgestaltung machte, war beschränkt – nicht aber ihre Kreativität. «Man muss nicht zwingend Sachen kaufen», sagt sie, «vieles ist da, man muss es nur nutzen.» Aus dem entsorgten Maschendrahtzaun gestaltete sie Körbe. Die vielen Steine formierte sie zu einem Sofa und zu Säulen. Rostige Armierungseisen nutzt sie als Rankhilfen für die Waldreben.
Vergangenes Jahr musste die Gestalterin aus gesundheitlichen Gründen kurztreten. Heuer kehrt sie mit neuem Elan und neuen Ideen in ihr Paradies zurück. «Denn ein Garten ist nie fertig», sagt sie: «Stillstand ist darin nicht vorgesehen.»
Text: Roland Grüter, Bilder: Rob Lewis