Plätze aus Plastik
Ein besonderer Hype verwandelt Natur in Plastik: Sportplätze aus Kunstrasen sind nicht nur in der Schweiz, sondern europaweit auf dem Vormarsch. Innerhalb von 15 Jahren hat sich ihre Fläche verzehnfacht. Praktisch, unkaputtbar, wartungsfrei? Nicht ganz – denn das Einstreumaterial besteht zum Grossteil aus Mikroplastik.
Texte: Olaf Bernstein, Bilder: Mauritius Images
Mikroplastik steckt auch im Kunstrasen
Fussballplätze aus alten Autoreifen
Was hat das Ganze jetzt mit Sportplätzen zu tun? Nun, es gibt auch noch das «primäre» Mikroplastik.. Das steckt nicht nur in Cremes, im Peeling oder in der Zahnpasta – sondern auch im Kunstrasen. Der erfreut sich in der Schweiz wachsender. Beliebtheit, weil auf ihm – ohne grössere Abnutzungen – das ganze Jahr über Fussball, Rugby oder Tennis gespielt werden kann. In grösseren Städten wie Bern oder Zürich bestehen schon über 30 Prozent der Pl.tze aus dem künstlichen Material. Und das ist das erste von zwei Problemen, denn: Das Einstreumaterial des Kunstrasens besteht aus Mikroplastik-Teilen. Jeder hat wohl schon mal in der Schule auf dem Sportplatz diesen Geruch von Autoschrauber-werkstatt in der Nase gehabt: Das Gummi stinkt. Der Grund: Der Bolzplatz setzt sich unter der Oberfläche aus kleinen Granulatkügelchen zusammen, die aus alten Autoreifen gewonnen werden. Und das führt direkt zum zweiten Problem: Kunstrasen-Sportplätze sind ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Umweltverschmutzung mit Mikroplastik. Auf einem Fussballplatz werden ungefähr 40 bis 100 Tonnen Granulat ausgebracht. Von dort aus geht es auf Wanderschaft. In der Sportkleidung, an den Spikes der Fussballschuhe, an Besen, Taschen und Bl.ttern bleiben die einzelnen Kügelchen kleben und verbreiten sich in der Umwelt.
Nach etwa 12 bis 15 Jahren muss der Kunstplatz ersetzt werden.
Dieser Trend kann weg
Zusammenfassend k.nnte man sagen: Es spielt also keine Rolle, ob die Autoreifen auf der Autobahn oder aber auf dem Sportplatz abgerieben werden. Da das Ausgangsmaterial Autoreifen auch noch eine ganze Reihe weiterer gesundheits-schädlicher Stoffe wie beispielsweise Weichmacher enthält, die potentiell krebserregend sind, läuft in den skandinavischen Ländern eine grundlegende Debatte darüber, ob diese Form von Kunstrasenplätzen nicht ganz verboten gehört. In der Schweiz wird über die Umweltauswirkungen der Plätze bisher viel zu wenig gesprochen. Denn während die Erhaltungskosten für Natur- und Kunstrasen. in etwa gleich sind, sind die Kosten für Erstellung, Austausch und Entsorgung für den Plastikplatz deutlich höher. Nach etwa 12 bis 15 Jahren muss der Kunstplatz dann ganz ersetzt werden – und so viel Mikroplastik in der Natur kann keiner wollen. Ein Hype, der gerne nachlassen darf. Zum Glück hat die EU den Verkauf von Mikroplastik verboten. In sieben Jahren soll Schluss sein. So erreichen die alten Sportanlagen mit Kunstrasen noch ihre volle Lebenszeit und können dann – gerne auch schneller – auf ökologischere Alternativen umgestellt werden: Die Grashalme werden dann aus Zuckerrohr, das Granulat aus Kork, Olivenkernen, Mais, Hanf oder Kreide sein. In der Schweiz lässt ein solches Verbot leider weiter auf sich warten.
Dies ist ein Auszug aus dem Artikel «Plätze aus Plastik», der in der Dez. 2024 Ausgabe des Pflanzenfreunds erschienen ist.