Neujahrsvorsätze einer Gärtnerin

8 Impulse fürs neue Jahr

«Die Grösse eines Gartens hat im Grunde nichts mit seiner Schönheit zu tun. Es hängt vielmehr vom Herzen, vom Verstand und von den ernsthaften Bemühungen des Besitzers ab, ob sein Garten reizvoll oder langweilig ist», wusste schon die Grande Dame der britischen Gartenkultur Gertrude Jekyll. Unsere Redaktorin Carmen Hocker zeigt uns Ideen aus ihrem 100 m2 kleinen Reihenhausgarten.

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Die Zeit, in der ich das Schild «Bin im Garten» an die Haustür hänge, ist vorbei.

Ungläubig schaue ich nach draussen und versuche mir vorzustellen, wie es hier noch vor ein paar Monaten ausgesehen hat: üppig grün und blühend, mit summenden Bienen und Schmetterlingen, die von Blüte zu Blüte flattern. Jetzt haben sich die Stauden ins Erdreich zurückgezogen und nur hier und da stehen noch Stängel mit wolligen Samenständen, die der Raureif manchmal weiss überzuckert.

Wenn mich so richtig die Sehnsucht nach Sommer packt, schaue ich mir Gartenfotos an oder suche im Bücherregal nach Lektüre. Ich habe auch ein Heftchen, auf dem «Gartennotizen» steht. Darin wollte ich eigentlich immer alle neuen Pflanzen und Ideen für die kommende Saison eintragen. Zu Beginn habe ich das auch pflichtbewusst gemacht. Aber mit den Jahren bin ich nachlässiger geworden. Eigentlich schade. Jetzt kommt es immer wieder vor, dass ich im Frühling ratlos vor den Beeten stehe und mich frage, was denn da spriesst … Hätte ich doch nur! Mein Vorsatz fürs neue Jahr? Meinem Gartentagebuch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Damit ich die Zeit des Sofagärtnerns wieder dazu nutzen kann, mir über mögliche Veränderungen Gedanken zu machen.

Vielleicht findest Du hier die eine oder andere Anregung für den eigenen Garten, den Balkon oder die Terrasse. Auf ein glückliches neues Gartenjahr!

1 Im Wintergarten leben

Warum sitzen wir eigentlich fast nur im Sommer draussen? Wir haben doch wärmende Kleidung und Decken! Gut eingemummelt kann man an einem sonnigen Wintertag seinen Kaffee eigentlich immer im Freien trinken. Am besten auf einer Bank, angelehnt an eine schützende Hausmauer. Auch Raclette schmeckt an der frischen Luft nochmals so gut – und der Käseduft ver­flüchtigt sich ganz schnell.

2 Wasser einplanen

In fast jedem Garten gibt es ein Stück Niemandsland, einen Ort, der vernachlässigt wird. Bei uns war es der Vorplatz am Küchenfenster. Zu klein und zugig, um dort einen Sitzplatz einzurichten. Zu gross, um ihn einfach zu ignorieren. Jetzt steht dort eine flache Schale aus Rohstahl, bepflanzt mit heimischen Sumpf­ und Was­serpflanzen. Mit ihren immer­hin 150 cm Durchmesser spie­gelt sie das Licht auf immer andere Weise und ist das gan­ze Jahr über ein Hingucker.

3 Ruhepole schaffen

Kontraste heisst ein Zauber­wort in der Gartengestaltung. Wäre alles nur überbordende Wildnis, könnte sich das Auge an nichts festhalten. Deshalb war die Buchenhecke rund um unsere Gemeinschaftswie­se fast zehn Jahre lang radikal gerade getrimmt. Bis mich der Ausflug in ein elsässisches B & B dazu inspirierte, auch unsere Hecken in sanft wogen­de Wellen zu verwandeln. Sie bringen noch immer Ruhe ins Bild, wirken zu den filigranen Gräsern aber gefälliger.

4 Mit Schatten spielen

Wie man das Laub und den Schattenwurf von Bäumen als Makel bezeichnen kann, war mir schon immer rätselhaft. Im Wind raschelnde Blätter gehören neben Vogel­gezwitscher und plätscherndem Wasser zu meinen Lieblingsgeräuschen. Haben Sie Mut, einen Baum zu pflanzen. Ziergehölze wie diese weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia 'Pendula') werden nur vier bis sieben Meter hoch und sind schnittverträglich. Im Frühling, wenn das Licht schräg fällt, zeich­net die bizarr verzweigte Krone charakter­volle Scherenschnitte auf den Boden.

5 In die Höhe gehen

Zäune und Hecken definieren Gar­tenräume. Auch Garagenwände, die manchen Garten säumen, können ge­nutzt werden. Bei uns wachsen zwei Spalierapfelbäume der Sorte 'Topaz', deren Früchte so saftig­süss schme­cken, dass unsere Söhne gekaufte Äpfel verschmähen. Solch eine platz­sparende Lösung eignet sich übrigens auch als Sichtschutz für Terrasse und Balkon. Es gibt Kübelpflanzen, die in der Baumschule von klein auf als Spalier erzogen werden.

6 Späte Blüten säen

Blütenfülle im Mai ist ein Kinderspiel. Anders sieht es am Ende des Sommers aus. Wie oft kam ich er­wartungsvoll aus den Ferien zurück, um festzustellen, dass die zurück­geschnittenen Stauden noch nicht mehr als eine neue Blattrosette ge­bildet hatten. Sät man im Frühling einjährige Sommerblumen wie Schmuckkörbchen (Cosmos), Zier­tabak (Nicotiana alata) oder Zinnien (Zinnia elegans), lässt sich die Zeit bis zur Nachblüte überbrücken.

7 Möbel rücken

Der klassische Sitzplatz ist die Ter­rasse am Haus, mit Blick in den Gar­ten und darüber hinaus. Dabei gefällt einem das eigene Haus manchmal besser als jenes der Nachbarn. Wenn es aus Platzgründen nicht möglich ist, einen zweiten Sitzplatz anzule­gen, genügt für eine neue Perspektive schon das Verrücken um einen Meter!

8 Mit dem Nichtstun liebäugeln

Wir Gärtnerinnen ruhen nur selten aus. Kaum ha­ben wir es uns irgendwo gemütlich gemacht, be­ginnt der Blick zu schwei­fen. Über Blumenbeete und Kieswege. Und plötz­lich sieht man einen ab­geknickten Blütenzweig oder einen vorwitzigen Löwenzahn und springt auf. Wie wäre es mit dem Vorsatz, im neuen Jahr öfters tief durchzuatmen, einfach sitzen zu bleiben und zu geniessen?

Text & Fotos: Carmen Hocker